Rechtsrock in Deutschland

Bei einer Studie der Uni Bielefeld im Jahre 1997, bei der 7100 Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren befragt wurden, kam zu Tage, daß "nur" 1,6% der Jugendlichen für rechte Rockmusik schwärmen.
Dies erscheint auf den ersten Blick sehr wenig zu sein, betrachtet man die absoluten Zahlen der Anhängerschaft rechtsextremer Rockmusik, ergibt sich ein erschreckendes Bild: Rechtsrock ist nicht mehr nur die Musik einer kleinen Randgruppe, die sich durch antisemitische, ausländerfeindliche und rechtsextreme Texte in Szene setzen will. Rechtsrock ist in den vergangenen 10 Jahren zu einem Millionengeschäft geworden. Allein in Deutschland produzierten über einhundert rechte Bands seit 1991 über 500 verschiedene CD`s in einer Auflage von einigen hundert Tonträgern bis 15 000 Stück. Bei einer durch-schnittlichen Auflagehöhe von 3 000 CD`s würde dies bedeuten, dass in den letzen Jahren 1,5 Millionen Rechtsrock-CDs veröffentlicht wurden. Produziert und flächendeckend verteilt werden die Tonträger von mehr als 50 Labels vertrieben. Ebenso kann man dieses Material in über 30, der rechten Szene zuzuordnenden Läden, erwerben.
Rechtsrock nutzt aber auch moderne Medien, wie z.B. das Internet. So ist es kein Problem für rechtsorientierte Anbieter, ihr Material im Netz zu publizieren. Damit erreichen sie eine riesige Anzahl von Interessenten, gleichzeitig umgehen sie die Gefahr der Indizierung, da durch die Verwendung ausländischer Provider eine nationale Verfolgung nahezu unmöglich ist.

 

 

Rhytmik und Inhalte rechter Musik (Textbeispiele)


Rhytmik und Inhalte rechter Musik (Textbeispiele)
Ian Stuart Donaldson, ein 1993 verstorbener Neonazi und Sänger der englischen Skinband "Skrewdriver" erkannte früh die Möglichkeit, Musik als Mittel zur Verbreitung neonazistischer Ideologien, insbesondere bei Jugendlichen zu nutzen:

"Sie berührt die jungen Leute, die von den Politikern nicht erreicht werden. Viele finden die Politik, parteipolitisch gesehen, langweilig, was teilweise stimmt. Es ist doch viel angenehmer, mit anderen ein Konzert zu besuchen und Spaß zu haben, als in eine politische Versammlung zu gehen."

www.verfassungsschutz.de

Die Musik rechter Bands ähnelt in ihren Grundzügen denen des Hard Rock und Heavy Metal. Besonders auffällig sind die harten und aggressiven Rhythmen. Aber auch HipHopper, Popper und Liedermacher gibt es unter den Rechten. Sie tragen schon mal lange Haare und das Outfit verschiedener Jugendkulturen. Hinzu kommen Liedtexte, die eine menschenverachtende und gewalttätige Einstellung ausdrücken und immer wiederkehrende Feindbilder (Ausländer, Linke, Staat, Kriminalität anderer) thematisieren.

Auffällig ist auch ein stark überzogenes Nationalgefühl und Ethnozentrismus (Überhöhung der Eigengruppe, also der Gruppe mit rechter Gesinnung bei gleichzeitiger Diffamierung von Fremdgruppen wie z.B. Ausländern und Homosexuellen)

 

"Und schön ist Kameradschaft, ist Gefühl und Freud
dabei, schön sind frohe Kinderaugen, deutsche
Menschen stolz und frei"


 

singt Frank Rennicke, der sich musikalisch (nicht inhaltlich!) an Liedermachern wie Hannes Wader und Reinhard Mey orientiert. Dabei ist Rassismus nur unterschwellig bemerkbar. Immer mehr nutzen die Rechten die Chiffresprache (ähnlich dem DDR-Rock), die Botschaften zwischen den Zeilen transportiert, um so den Verfassungsschutzorganen ein Schnippchen zu schlagen und juristisch nicht zur Rechenschaft gezogen werden zu können.
Dennoch gibt es immer noch genügend rechte Rockbands, die ihre plumpen Botschaften mit systematischer Direktheit "unters Volk" bringen. Schon die Bandnamen drücken Extremismus und Radikalität aus und verweisen oft auf das Dritte Reich: Siegeszug, Sturmtrupp, Schlachtruf,
Volksaufstand, Staatsfeindl, Landser, um nur einige zu nennen.

"Keiner von uns will sie haben
Keiner von uns kann sie ertragen
Überall werden sie gejagt
Geht dock zurück nach Ankara

 

Jedem Deutschen eine Plage
Auslädern raus keine Gnade
Sie nisten sich wie Könige ein
Deutschland wird zum Asylantenheim
NEIN!"

 

Feindbild Nummer 1 sind Ausländer und Asylanten, die als kriminell bezeichnet werden, deutsche Frauen bedrohen, auf Kosten der braven deutschen Steuerzahler leben und diesen auch noch die Arbeitsplätze wegnehmen:

 

"Ausländer in allen Farben belagern unser Land
Ich hab´ dies vor Jahren schon erkannt
Was sollen wir machen mit diesem Ausländerdreck?
Ich weiß nur ein Mittel: Dreck muß weg!"

singt Commando Pernod im Titel "Dreck muß weg" von 1988.

 

Und gar eine Steigerung des rechten Extremismus bringt die Band " Doitsche Säuferfront" 1989 zu Gehör:


"Türkenpack aus unserer Stadt
Denn wir haben es langsam satt
Schmeißt die Kanaken aus unserem Land
Denn sonst stellen wir sie an die Wand
Kanakenpack , das muß hier weg
Kanaken sind der letzte Dreck
Schmeißt die Bombe auf die Türkei
Dann ist es mit den Kanaken vorbei."

 

 

Blickpunkt: Thüringen

 

Bundesweit registrierten die Behörden 1998 über 140 rechtsextreme Konzerte, die Hälfte davon fand in den neuen Bundesländern statt.
Die Hochburg dieser Veranstaltungen ist Sachsen. 1998 fanden dort 20 Konzerte mit insgesamt ca. 8 500 Zuschauern statt. Im darauffolgenden Jahr waren es schon 24 Konzerte mit ungefähr 10 000 Zuhörern. In Sachsen-Anhalt verdoppelte sich die Zahl der Nazikonzerte gar. 1999 berichtet der Innenminister von Sachsen-Anhalt Manfred Püchel (SPD) von neun rechtsextremen Konzert-veranstaltungen.


In
Thüringen rockten damals Neonazis elf mal bei einer offiziellen Musikveranstaltung. Diese Zahlen erscheinen auf den ersten Blick verhältnismäßig gering zu sein, doch die Dunkelziffer der Veranstaltungen liegt bei weitem höher. Viele Konzerte sind als private Feiern getarnt, und können deshalb nicht registriert werden. Nach Schätzung der Antifa findet jedes Wochenende irgendwo ein illegales Rechtsrockkonzert statt.

Wie auch in anderen Bundesländern wurden die Konzerte in Thüringen hauptsächlich von Neonazi-Netzwerk
"Blood & Honour" organisiert, das am 14.12.2000 vom Bundesinnenminister verboten wurde. Im Monatsbericht des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz wird zwar berichtet, dass in Thüringen keine weiteren Aktivitäten von "Blood & Honour" bekannt seien. Doch selbst der Verfassungsschutz Thüringen räumt ein, dass das Logo der verbotenen Organisation "innerhalb der Szene offensichtlich weiterhin große Zugkraft" besitzt.

Der Thüringer Landtagsabgeordnete Steffen Dittes (PDS) weist auf einen neuen Trend in der rechten Musikszene hin. Verstärkt arbeiten Neonazis und sogenannte NS-Black-Metal Bands zusammen.
Außerdem sind Bestrebungen bekannter Thüringer Nazikader, neue Vertriebsstrukturen zu schaffen, zu beobachten.

Die Szene der Skinheadsbands in Thüringen ist sehr unstet, es erfolgen ständig Umbenennungen oder Neugründungen von Musikgruppen. Trotzdem lassen sich einige Bands benennen die nach wie vor aktiv sind:

  • Radikahl (Weimar)
  • Donnertyrann (Erfurt)
  • Dragoner (Weimar)
  • Sturmangriff (Sonneberg)
  • Martin Rocktäschel, Liedermacher (Daasdorf)